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TV-Kritik/Review: US-Serienpreview: "Justice - Nicht schuldig!"
(29.06.2009)
Anwaltsserien liegen zur Zeit nicht gerade im Trend. Nach dem Aus für
"Justice" ist der ideologische Gegenpart zu jener Gattung von Anwaltsserien, die jahrelang das Genre dominiert haben und vor allem erschaffen wurden von David E. Kelley, dessen große Stärke die Charakterzeichnung ist. Die Figuren seiner Serien haben Ecken und Kanten, zeigen große Wandlungsfähigkeit, sind kapriziös wie in
Kritik am System ist nun nicht gerade das Ding von Jerry Bruckheimer. Seine Vorstellung von einer Anwaltsserie entspricht exakt seiner Vorstellung von Crime- und Actionserien. Den farbenfrohen Bildern von "Ally McBeal" oder "Eli Stone" stellt er in "Justice" den kalten "C.S.I."-Metallic-Look entgegen. Die warmherzigen, dysfunktionalen Figuren der "menschelnden" Kelley-Serien werden durch kühle Strategen ersetzt. Deren persönliche Befindlichkeiten interessieren hier kaum; im Vordergrund steht das Verbrechen und seine Aufklärung. Die Kamera ist ständig in Bewegung, was Dynamik erzeugen und Authentizität symbolisieren soll.
Im Mittelpunkt von "Justice" steht die renommierte vierköpfige Anwaltskanzlei TNT&G, die sich auf die Verteidigung gut situierter Mandanten spezialisiert hat. Zum Team des Star-Anwalts Ron Trott (Victor Garber aus "Eli Stone") zählen Junior-Partner Tom Nicholson (Kerr Smith aus
Im Piloten wird bereits die Grundstruktur zementiert, nach der auch die kommenden Episoden aufgebaut sind: Die Kanzlei vertritt den Hauptverdächtigen eines Verbrechens, in diesem Fall einen verzweifelten Ehemann, dessen Frau tot im Swimmingpool aufgefunden wird. Zu klären ist vor Gericht, ob der Mann seine Frau ermordet oder ob es sich um ein tragisches Unglück gehandelt hat. Der Zuschauer verfolgt den Fall zunächst ausschließlich aus dem Blickwinkel der Anwälte und befindet sich auf deren Wissensstand. Die Arbeit und Methodik der Kanzlei wird recht detailliert bebildert: Der Angeklagte bekommt Verhaltenstipps. Er soll sich in der Öffentlichkeit nur noch trauernd, etwa am Grab seiner Frau, zeigen. Dann gilt es, nach komplexen Maßstäben die richtigen Geschworenen für den Fall auszuwählen und in den (Sensations-)Medien - die stark das Meinungsbild der Öffentlichkeit beeinflussen und in der Serie vor allem durch die Reporter der Reality-TV-Reihe "American Crime" repräsentiert werden - besser wegzukommen als Polizei und Staatsanwaltschaft. Vor Gericht soll der Wahrheitsfindung mit kleinen Tricks auf die Sprünge geholfen werden. So trägt Alden, obwohl ledig, einen Ehering - weil die Geschworenen verheirateten Frauen mehr Vertrauen schenken.
"Justice" stellt Tempo und Dramatik vor Originalität, ist handwerklich solide inszeniert und bietet Bruckheimer-Fans, und davon gibt es eine Menge, genau das, was sie erwarten. Am Ende jeder Episode steht erwartungsgemäß der Urteilsspruch, doch die Serie wartet danach noch mit einer kleinen Überraschung auf. Ein kurzer Epilog zeigt nachträglich, was tatsächlich geschehen ist und beantwortet somit die Frage, ob der Angeklagte zu recht freigesprochen oder verurteilt wurde.
Aber müssen wir das wirklich wissen? Bereichert es eine Serie, wenn sie dem Zuschauer am Ende alles erklärt, ihn allwissend werden lässt? Die Phantasie beflügelt dieser inkonsequente Perspektivwechsel auf der erzählerischen Ebene zumindest nicht. Auch im wahren Leben bleiben für Richter, Geschworene und Beobachter letztlich immer leise Zweifel an einem Urteil, wenn die glasklaren Beweise fehlen. Viele Anwaltsserien leben gerade davon, dass sich auch der Zuschauer für "schuldig" oder "nicht schuldig" entscheiden muss und bisweilen selbst in einen moralischen Zwiespalt gerät. Gute fiktionale Stoffe lassen oft Rätsel zurück und wahren einen Teil ihrer Geheimnisse. "Justice" verlässt mit seinem Drang, zum Schluss eine Art objektive Wahrheit zu zeigen, die es oft gar nicht geben kann, streng genommen auch mit einem Bein das Genre der Anwaltsserien und bewegt sich auf den herkömmlichen "Whodunit"-Krimi zu - mit garantierter Auflösung.
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