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TV-Kritik/Review: Marvel's Luke Cage
(06.10.2016)
Die Erweiterung des "Marvel Cinematic Universe" (MCU) via Netflix geht in die dritte Runde: Nach
Auch sonst werden mit eleganten Edelgangstern, pistolefuchtelnden Kleinganoven, einer ebenso schönen wie taffen Polizistin und detailverliebtem Harlem-Lokalkolorit die Markenzeichen der Blaxploitation abgehakt, elegant am Klischee vorbeigeleitet und mit einem schwermütigen Helden, der über "blackness" an sich (und in Zeiten wie diesen ganz besonders) räsonieren darf, souverän modernisiert. Cage, charismatisch gespielt von Mike Colter, wurde in "Jessica Jones" nachdrücklich eingeführt, als temporärer Sidekick und gelegentlicher Bettgefährte der neurotischen Titelheldin: ein ebenso gewaltiger wie attraktiver und sanftmütiger Mann mit Superkräften und unzerbrechlicher Haut, die sogar Kugeln an sich abprallen lässt. Es ist klar, dass diese "Fähigkeit" nach den zahlreichen Schüssen auf oft unbewaffnete schwarze Männer in den USA der vergangenen Monate kontextuell noch einmal anders wirkt als Anfang der Siebzigerjahre, als die Comicfigur erfunden wurde.
Als Held seiner eigenen Serie fegt sich Cage langsam von hinten aus der Unschärfe ins klare Bild: mit einem Besen. Er, der aus ungeklärten Gründen einige Zeit im Gefängnis verbringen musste und den Tod seiner Frau verarbeiten muss, arbeitet inzwischen in diversen Aushilfsjobs und versucht dabei, nicht aufzufallen: Im Barbershop seines Mentors Pop, eines von
Natürlich wird es Gelegenheiten geben, damit aus Luke Cage der aus den Comics bekannte Powerman werden kann. Das entsprechende Setting breiten die ersten Folgen auf: Das Harlem's Paradise etwa ist der mondäne Club des stets tadellos gewandeten Gangsterbosses Cottonmouth Stokes, stark gespielt von Mahershala Ali aus
Auf Cottonmouths Spuren befindet sich Detective Misty Knight (Simone Missick), besagte Polizistin, die Aushilfs-Barkeeper Luke im Club abschleppt (nach einer Flirtszene, die dialogmäßig gekonnt knapp am Schund vorbeischrammt). Als zwei von Pop betreute Kleinganoven einen von Cottonmouths Waffendeals durchkreuzen wollen und dabei blutig versagen, beginnen Misty und ihr Kollege Scarpe (Frank Whaley, "Motel") mit den Mordermittlungen. Misty kann Tathergänge in einer Art Rundum-3D-Vision halluzinieren, fast so wie Josh Holloway im Sci-Fi-Murks
Verkompliziert wird die Lage durch einen Waffenlieferanten namens Diamondback, der eingangs noch fernbleibt (Erik LaRay Harvey wird ihn in späteren Folgen verkörpern), aber Cottonmouth verschärfte Bedingungen aufzwingen will und dafür schon mal seinen Schergen Shades vorschickt: Theo Rossi (Juice aus
Am Ende der ersten beiden einstündigen Episoden, die man als Einheit begreifen kann (Regie: Paul McGuigan, Drehbuch: Coker), haben sich die Wege von Luke, Cottonmouth, Mariah, Misty und Shades schon tragisch gekreuzt; auch ohne ausformulierte Origin Story hat Luke Motivation genug, um loszulegen mit dem, was er zu tun hat. McGuigan und Coker nehmen sich viel Zeit, um mit der Kamera durch Harlem zu schweifen und die Typen am Straßenrand einzufangen, man kriegt tatsächlich viel von Harlem mit - ähnlich wie Baz Luhrmann das unlängst in
Dass Luke trotz seiner charmanten Exkurse stets eine ruhige, auch gefährliche Abgründigkeit ausstrahlt, passt zur Neo-Noir-Attitüde seiner Vorgänger. Und den Marvel-Nerds sei versprochen: Natürlich tauchen auch in "Luke Cage" Figuren aus den Vorgängerserien auf, in Episode zwei schleicht bereits der schräge Kleinmafioso Turk Barrett durch die Szenerie, auch die Juristen Ben Donovan und Blake Tower (aus "Daredevil") oder Radiomoderatorin Trish aus "Jessica Jones" kommen vor; später in der Staffel stößt schließlich noch Rosario Dawson zum Haupt-Cast, die ihre Krankenschwester Claire Temple aus "Daredevil" hier nahtlos weiterführen darf.
Damit dürften ziemlich breite Zuschauerschichten zufriedengestellt sein: diejenigen, die "Luke Cage" vorrangig als weiteres Mosaiksteinchen im Großen und Ganzen des sich unerbittlich ausdehnenden Marvel-Universums betrachten und dabei ebenso unterhaltsam wie intelligent bedient werden; und jene, die sich weniger für die leicht generische Rachestory mit Cops und Gangstern interessieren als für die liebevolle Art, mit der hier das Handwerkszeug des Blaxploitation-Kinos dazu verwendet wird, um der Bewegtbild-Popkultur den ersten schwarzen Superhelden einzuimpfen. Dessen spezielle Kräfte werden übrigens peinlich genau und in Zeitlupe demonstriert: Als ein Schläger auf Luke eindrischt, führt dies zu einem unappetitlich komplizierten Splitterbruch in der Hand des Angreifers. Don't mess with Powerman!
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "Luke Cage".
© Alle Bilder: Netflix
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