Das Film- und Fernsehserien-Infoportal

Log-In für "Meine Wunschliste"

Passwort vergessen

  • Bitte trage Deine E-Mail-Adresse ein, damit wir Dir ein neues Passwort zuschicken können:
  • Log-In | Neu registrieren

Registrierung zur E-Mail-Benachrichtigung

  • Anmeldung zur kostenlosen Serienstart-Benachrichtigung für

  • E-Mail-Adresse
  • Für eine vollständige und rechtzeitige Benachrichtigung übernehmen wir keine Garantie.
  • Fragen & Antworten

TV-Kritik/Review: Under the Dome

TV-Kritik zur Stephen King-Adaption - von Michael Brandes
(21.07.2013)

Unter der unsichtbaren Kuppel: Barbie (Mike Vogel), Big Jim (Dean Norris) und Angie (Britt Robertson)
Unter der unsichtbaren Kuppel: Barbie (Mike Vogel), Big Jim (Dean Norris) und Angie (Britt Robertson)

Wenige Minuten, bevor sich eine unsichtbare Kuppel über Chester's Mill senkt, vergräbt der Ex-Soldat Dale 'Barbie' Barbara (Mike Vogel) eine Leiche. Barbie hatte in der Kleinstadt einen Job zu erledigen, doch etwas ist schief gelaufen. Der eigentliche Tiefpunkt des Tages steht ihm aber noch bevor. Als die Kuppel die Kleinstadt von der Außenwelt trennt, werden Häuser, Tiere und Menschen, die auf der Ortsgrenze stehen, fein säuberlich in zwei Hälften geteilt. Vögel, Autos und Flugzeuge prallen gegen die unsichtbare Barriere. Die Bewohner von Chester's Mill sind gefangen wie in einem Aquarium.

Mit fast 1.300 Seiten ist  "Under the Dome" (dt. Titel: "Die Arena") nicht nur einer der umfangreichsten Romane von Stephen King. Sein Buch ist so komplex, pessismistisch und erbarmungslos wie selten zuvor. Sein Thema ist der Selbstzerstörungstrieb der menschlichen Rasse. Dank vieler Schäfchen, die dem Herdentrieb folgen, benötigen ein charismatischer Blender und sein psychisch kranker Sohn lediglich eine Woche, um demokratische Prinzipien außer Kraft zu setzen und den ganzen Ort in Schutt und Asche zu legen. An den gesellschaftskritischen Tendenzen der Vorlage zeigt sich Serienschöpfer Brian K. Vaughan allerdings nicht interessiert. Der Co-Autor der  "Lost"-Staffeln 3 bis 5 bekam vom US-Network CBS den Auftrag, leicht verdauliches Popcorn-Fernsehen zu inszenieren. Zunächst war eine ambitioniertere Serienadaption für den Pay-TV-Kanal Showtime geplant, doch letztlich entschieden die Produzenten, die 13-teilige Miniserie für das breite Mainstreampublikum aufzubereiten - mit allen dazugehörigen Konventionen. Der inhaltliche Fokus liegt nun nicht mehr auf der Kuppel, sondern auf recht soapigen Einzelschicksalen und den aus Dutzenden von Mysteryserien hinlänglich vertrauten düsteren Geheimnissen, die unter der Kuppel ans Tageslicht gelangen könnten.

Ein solches Geheimnis wird beispielsweise, abweichend vom Roman, jenem Dale 'Barbie' Barbara angedichtet, der in der Auftaktszene einen Menschen verbuddelt. Der mysteriöse Geldeintreiber trifft auf die Journalistin Julia Shumway ("Twilight"-Vampir Rachelle Lefevre), die sich um ihren verschollenen Gatten sorgt. Anhand der Fotos in ihrem Haus erkennt Barbie, dass der Vergrabene Julias Ehemann ist. Weil Barbie aber zu den good guys gehört, erfährt der Zuschauer recht zeitnah, dass es sich bei der tödlichen Auseinandersetzung um einen Unfall handelte. Barbie traut sich nicht, Julia aufzuklären. Sein seltsames Verhalten macht sie allerdings misstrauisch.

Geheimnisse wahrt auch James 'Big Jim' Rennie (Dean Norris), der örtliche Gebrauchtwagenhändler. Mit seiner populistischen und korrupten Art hat es Big Jim zu einem Sitz im Stadtrat gebracht. Lediglich Sheriff Duke Perkins steht in der kommunalen Hackordnung über ihm. Ein Problem, das sich von selbst erledigt: Dukes Herzschrittmacher explodiert, als er sich der Kuppel nähert. Auch Big Jims Sohn Junior (Alexander Koch) wahrt ein Geheimnis: Der instabile All-American-Boy droht an den hohen Erwartungen seines Vaters zu zerbrechen und will das College verlassen. Als seine Sommeraffäre Angie McAlister (Britt Robertson) die wochenlange Liebelei für beendet erklärt, entführt er die smarte Kellnerin und sperrt sie in den Privatbunker seines Vaters.

Von den rund 100 Bewohnern, Durchreisenden und erwähnenswerten Hunden, die Stephen King in seinem Roman vorstellt, haben es nur wenige in die TV-Adaption geschafft. Die Serienfiguren wurden mit veränderten Eigenschaften ausgestattet oder auch aus verschiedenen Romancharakteren neu zusammengebastelt. Auffallend dabei ist die Altersdiskriminerung, die bei Networkserien an der Tagesordnung ist und vor allem Frauen betrifft: Die Journalistin Julia Shumway wird im Roman als 45-jährige, erzkonservative Republikanerin und Querdenkerin eingeführt. In der TV-Serie wird sie zur jungen, attraktiven Investigativreporterin ohne nennenswerte Eigenschaften. Auch die zweite weibliche TV-Hauptfigur, Deputy Linda Esquivel (Natalie Martinez), wurde deutlich verjüngt und aufgehübscht. Überhaupt wirkt Chester's Mill wie eine künstliche TV-Stadt, überwiegend von jungen, attraktiven Menschen bevölkert, die auch in Katastrophenzeiten stets perfekt frisiert sind.

Die Journalistin Julia Shumway (Rachelle Lefevre) auf Recherchetour.
Die Journalistin Julia Shumway (Rachelle Lefevre) auf Recherchetour.

Es spricht erst einmal nichts dagegen, eine Romanvorlage zu entschlacken, Charaktere zu streichen und komplexe Handlungselemente einzudämmen. In diesem Sinne ist die 45-minütigen Pilotfolge durchaus gelungen. Die Special Effects sind nicht überragend, aber passabel. Auch die Charaktere wecken zunächst Appetit auf mehr. Zum übrigen Figurenarsenal zählen Radio-DJ Phil (Nicholas Strong) und seine Technikerin Dodee (Jolene Purdy), die einen lokalen Rocksender betrieben. Sie hören eine Militär-Frequenz ab und bringen so Infos zur aktuellen Lage in die Stadt. In Chester's Mill stranden außerdem Alice und Carolyn, ein lesbisches Paar aus Los Angeles, das lediglich auf der Durchreise war, um die eigenwilligeTochter Norrie in einem Camp für schwer erziehbare Kinder abzuliefern. Während die konservative Bevölkerung das Großstadt-Paar bestaunt, kommt Norrie schnell abhanden und lernt Angies jüngeren Bruder Joe (Colin Ford) kennen, einen 16-jährigen Durchschnittsteenager, der sich vom Rebellentum seiner neuen Zufallsbekanntschaft schwer beeindruckt zeigt.

Nach ordentlichem Auftakt schleicht sich jedoch bereits in der zweiten Episode Leerlauf ein. Anstelle von Actionalarm und Katastrophenstimmung reiht sich ein banaler Dialog an den nächsten. Für die Kuppel scheinen sich weder die Bewohner noch die Autoren sonderlich zu interessieren, stattdessen hält sich die Serie an belanglosen Nebenschauplätzen auf. Im Mittelpunkt der dritten Episode steht dann eine frei von Logik erdachte Storyline um einen Polizisten, der gemeinsam von Barbie und Big Jim gejagt wird. Mit dem weiteren Handlungsverlauf hat dieser sinnfreie Einschub, der auch noch klischeehaft aufgelöst wird, nichts zu tun. Fragwürdig bleibt auch das Verhalten des Militärs: Dass die Regierung etwas mit der Barriere zu tun haben könnte, wird zwar früh ausgeschlossen, doch es bleibt ein Rätsel, warum sich das Militär zwar vor der Kuppel postiert, jedoch keinerlei Interesse daran zeigt, mit den verzweifelt winkenden Eingeschlossen Kontakt aufzunehmen.

Aus der Riege unterforderter Schauspieler sticht lediglich Dean Norris hervor. In  "Breaking Bad" als Drogenfahnder Hank noch auf der guten Seite unterwegs, verkörpert er nun als Big Jim einen unberechenbaren Marionettenspieler, der allein davon profitiert, dass seine Wähler noch dümmer sind als er selbst. Mit populistischen Sprüchen und Scherzen hält er das Volk bei Laune. Wie skrupellos er agiert, zeigt eine Szene mit dem zwielichtigen Reverend Lester Coggins (Ned Bellamy), der in einem brennenden Haus eingeschlossen ist. Dessen Hilfeschreie überhört Big Jim, denn der Kirchenmann kennt einige seiner düsteren Geheimnisse. Als Deputy Linda den Mann in letzter Sekunde befreit, kann Big Jim als Meister der Improvisation die Situation dennoch zu eigenen Zwecken nutzen: Während alle anderen noch Wassereimer schleppen, um das Feuer zu löschen, schnappt er sich einen Schaufelbagger und rammt das ganze Haus nieder. So steht der hemdsärmelige Volksvertreter wieder als Retter in der Not dar.

Big Jim ist zwar nur eine Light-Version seines literarischen Alter Egos, bleibt aber mit Abstand die interessanteste Figur der Serienfassung, die im Vergleich zum Roman auch inhaltlich einer Weichspüler-Kur unterzogen wurde: Die frühen Morde, die auf das Konto von Big Jim und Junior gehen, werden in der Serie ausgeklammert. Angie wird im Roman von Junior schnell dahingerafft, in der TV-Fassung aber lediglich entführt. Nichts gutes für den weiteren Serienverlauf lässt auch ein Interview mit Produzent Jack Bender erahnen, der ein alternatives Ende angekündigt hat. Nicht alle Leser seien glücklich mit dem Ende gewesen, begründet Bender. Stephen King sei aber von allen Änderungen begeistert und ein großer Fan der Serie, heißt es.

Bei wohl keinem anderen Romanautoren ist die Diskrepanz zwischen der Qualität seiner Bücher und der dazugehörigen Film-Adaptionen so groß wie bei Stephen King. Die wenigen gelungenen Filme sind an den Fingern einer Hand abzulesen und liegen weit zurück. Auch "Under the Dome" bietet mit seiner in den 1990er Jahren verhafteten Erzählkultur trotz hohen Potentials der Vorlage bestenfalls mittelprächtige Unterhaltung. Kann sein, dass Stephen King einfach einen lausigen Filmgeschmack hat. Immerhin hatte der sonst so kritiklose Autor seinerzeit ausgerechnet die beste Adaption, Stanley Kubricks "Shining", öffentlich niedergemacht. Doch vielleicht freut sich King ja heimlich über die mangelnde Qualität der Filme, denn so stehen seine Buchvorlagen im direkten Vergleich um so besser da.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten vier Folgen von "Under the Dome".

Meine Wertung: 2.5/5


Michael Brandes
© Alle Bilder: CBS


Beitrag melden

  •  

Leserkommentare