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TV-Kritik/Review: "1923": Neues vom Dutton-Hof mit Harrison Ford und Helen Mirren
(20.12.2022)
Es ist der bislang erfolgreichste Start beim Streamingdienst Paramount+:
Rekapitulieren wir kurz: "Yellowstone" erzählt von den vielen Anfechtungen, derer sich Patriarch John Dutton III (Kevin Costner) in der Jetztzeit erwehren muss. Auf das Land seiner Yellowstone Ranch in Montana, der größten zusammenhängenden Ranch der USA, haben es Immobilienhaie ebenso abgesehen wie die Native Americans des angrenzenden Reservats, hinzu kommen die ewigen Verwerfungen im Inneren der Familie: John Dutton III, in der fünften Staffel zum Gouverneur des Staates aufgestiegen, kämpft den Kampf der Gerechten, dafür, dass das Lebenswerk seiner Familie genau dort verbleiben kann: in der Familie.
Zwischen zynischer Soap, überwältigenden Landschaftsaufnahmen und möglicherweise ein paar Momenten zu viel Blut-und-Boden-Gewese hatte sich die Serie längst ein riesiges Publikum erspielt, als letztes Jahr mit "1883" die Origin Story nachgeliefert wurde. In der auf zehn Episoden begrenzten, mit dem Countrysänger-Ehepaar Faith Hill und Tim McGraw (und Gaststars wie Tom Hanks oder Billy Bob Thornton) prominent besetzten Miniserie wurde erzählt, wie die Duttons dereinst nach Montana kamen - in der Zeit nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg ging es darin mit einem Trek von Texas nordwestwärts und schwer verlustreich nach Oregon. Verglichen mit "Yellowstone" gab es weniger Soap und mehr Roadmovie. Die Landschaftsaufnahmen waren atemberaubend.
"1923" spielt nun aber wieder auf der Yellowstone Ranch und erinnert, falls die Pilotepisode (mehr Folgen wurden bisher nicht veröffentlicht) repräsentativ ist, in zentralen Details durchaus an die Mutterserie. Knapp hundert Jahre vor "Yellowstone" und vierzig Jahre nach "1883" angesiedelt, erzählt die fürs Erste auf zwei Staffeln ausgelegte Serie von den Sorgen der Duttons in der Zwischenkriegs- und Prohibitionszeit in Montana, wo sich die Große Depression schon früher bemerkbar macht, als anderswo.
Im Mittelpunkt stehen Jacob Dutton (Ford) und seine Frau Cara (Mirren), die seit 1894 die Ranch bewirtschaften und mittlerweile Ende siebzig sind. Jacob ist der jüngere Bruder von James Dutton, um den es in "1883" ging. James und seine Frau Margaret, beide nun verstorben, hatten Jacob gebeten, ihre Söhne John und Spenser wie eigene Kinder großzuziehen. Das ist inzwischen geschehen: John, in "1883" noch als Knirps zu sehen, lebt mit Mitte vierzig weiter auf der Ranch und fungiert als Jacobs rechte Hand. Verkörpert von James Badge Dale (
Bleiben wir zunächst auf der Ranch in Montana: Dort steht Jacob Dutton anfangs, von Grashüpfern bekrabbelt, vor lauter toten Rindern. Eine Wanderheuschreckenplage ist die neueste Katastrophe, die die Rinderzüchter des Mittleren Westen gerade heimsucht - zusätzlich zu einer ungewöhnlichen Dürreperiode. Weil kaum noch Gras auf den Weiden vorhanden ist, entspinnt sich ein Krieg zwischen den meist irischstämmigen Rinderzüchtern (deren Vereinigung Jacob anführt) und den schottischstämmigen Schafszüchtern, die ihr Vieh illegal auf die verbliebenen Weidegründe treiben, denn: Gras kann man nicht stehlen, das Gras gehört den Bergen!
Jerome Flynn (Ich lebe hier seit 1894, an ein Jahr, in dem es einfach war, kann ich mich nicht erinnern.
Daheim auf der Ranch entfaltet sich derweil an anderer Stelle Ungemach: John Duttons Sohn Jack (Onkel von John Dutton III), gespielt von Darren Mann (Die Herde kommt immer zuerst!
Bald liegen sich Jack und Liz wieder versöhnt in den Armen, womit sich Cara ein weiteres Mal als patente Managerin der Familiengeschicke erwiesen hat; gleich in der Eingangsszene sieht man Helen Mirren bereits mit einem Gewehr zu Werke gehen.
Politische Schachzüge, konfliktbeladenes Privatleben - das sind die Handlungsstränge, die in vielem an die Mutterserie erinnern. Sogar einen streng loyalen Ranch-Vorarbeiter gibt es wieder: Zane (Brian Geraghty,
Grausiger noch geht es schließlich im Handlungsstrang rund um das indigene Mädchen Teonna (Aminah Nieves) zu. Sie ist zwangsweise Schülerin eines katholischen Mädcheninternats für Native Americans irgendwo in der Prärie, wo sie zunächst von einer gnadenlosen Nonne (furchteinflößend: Jennifer Ehle aus
Inszeniert vom Franchise-erfahrenen Regisseur Ben Richardson (der schon fünf "1883"- und zwei "Yellowstone"-Episoden drehte), macht "1923" visuell erwartbar viel her - der Screen kann für diese malerischen Bilder aus Montana und Kenia eigentlich gar nicht zu viel Zoll haben. Ford und Mirren, die hier erstmals seit dem Kinofilm
Erzählt wird "1923" übrigens erneut von Elsa Dutton (Isabel May) - John und Spensers älterer Schwester und Hauptfigur in "1883". Damals erstattete sie aus dem Grab heraus Bericht über Dinge, die sie erlebt hatte, und jetzt erzählt sie rückblickend vom "Bröckeln des Imperiums" namens Yellowstone, also von Dingen, die erst deutlich nach ihrem Tod geschehen werden. Ein paradoxer Kunstgriff, der fast sinnbildlich steht für das Zirkuläre, in alle Richtungen Anschlussfähige des "Yellowstone"-Universums, das wohl noch lange nicht auserzählt zu sein scheint.
Dieser Text und die Wertung basieren lediglich auf Sichtung der ersten Episode der Serie "1923".
Die bereits für eine zweite Staffel verlängerte Prequel-Serie "1923" wird seit dem 15. Dezember in den USA bei Paramount+ veröffentlicht.
Über den Autor
Leserkommentare
Mr_Chance schrieb am 03.02.2023, 21.18 Uhr:
Ich bin überrascht, wie ansprechend die Yellowstone-Serien auf mich wirken, und bin gespannt, wie die 7 Generationen enden werden; aber auch andere Paramount-Produkte wie 'Your Honor' oder 'American Rust' machen mich wieder offener für US-Produktionen, nachdem ich es bei Netflix genossen habe, europäische Serien gefunden zu haben wie weder die privaten noch die ÖR Sender bisher bereitzustellen ermochten.
Und bin nun so gespannt auf 1923!xena123 schrieb am 09.01.2023, 07.18 Uhr:
Vielleicht sollte man seine politische Meinung nicht so stark in den Vordergrund stellen.
Ja, klar, das Yellowstone-Universum ist für den konservativeren Teil der USA gemacht und auch deshalb so ein wahnsinniger Erfolg.
Aber es ist auch ein intelligentes Hochglanzdrama mit Panorama-Naturaufnahmen, einer packenden, ernsten Story und den besten Schauspielern, die Hollywood zu bieten hat.
Wer das als "Soap" diskreditiert, weil wie in Sons of Anarchy, Sopranos, Game of thrones oder Breaking Bad die Familie mit Thema ist oder von "Gewese um Blut und Boden" schwafelt, will seiner Verachtung Ausdruck geben. Nicht der Serie gegenüber - die ist nahezu perfekt. Es geht um die Verachtung der Zuschauer und dem unverholenen Wunsch, alle Menschen würden nur noch eine Meinung haben - die, die einem in den Kram passt.
Der Spoiler bei 1883 ist ein weiterer Beweis der Verachtung.Hanns-Stefan Finke schrieb am 23.12.2022, 22.57 Uhr:
Oh Mann, ein kurzer Spoiler-Warnhinweis zu 1883 wäre ganz schön gewesen. Dass Elsa aus dem Grab heraus erzählt, musste mir nicht unbedingt verraten werden. :-(Johnnn schrieb am 26.01.2023, 21.50 Uhr:
Hmmm hättest du das jetzt nicht auch noch gespoilert wüßte ich es,auch nicht.Hab den ganzen Artikel nicht gelesen
:-(
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